Artikel zum Thema »time«

Der Blick über den Teich ist der Blick in die Zukunft

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In Sachen Internet, das ist natürlich eine Binsenweisheit, passiert alles, was in den USA zu beobachten ist, mit einer gewissen Verzögerung auch bei uns. Daher ist es interessant zu beobachten, wie mit Time der Archetyp aller Nachrichtenmagazine den »Zeitenwechsel« einleitet. In den Redaktionen der Print-Ausgaben der diversen Nachrichtenmagazine werden fast 300 Leute entlassen. »Online First« ist nun das Motto, SpOn schrieb:

»Online-Publikationen erlebten in den letzten Jahren, während die Print-Presse die schlimmste Werbekrise ihrer Geschichte durchlitt, zwei- bis dreistellige Zuwachsraten. So rundet sich das Bild: Multi-Plattform-Publishing heißt, dass weniger Journalisten mehr Menschen auf mehr Kanälen erreichen – und primär online. Von den Zeiten, in denen man ein Druckprodukt als aktuell verkaufen konnte, hat ›Time‹ jedoch begonnen, sich zu verabschieden. Der Tag gehört der Website, das Wochenende dem Magazin.«

Zeitungen, wie wir sie kennen, werden vergehen. Schaut man sich eine beliebige Standard-Klein-Groß-Mittelstadtzeitung an, so findet man dort seitenweise die Agenturmeldungen, die man schon tags zuvor im Web gelesen hat. Warum sollte man das kaufen und lesen? Die große Chance, nämlich statt Agenturmeldungen originäre Berichte und Meinungen eigener Korrespondenten und Redakteure zu drucken, die über die reine trockene Agenturnachricht hinausgehen, nehmen die wenigsten wahr. Zu teuer.

Konsequenz: Sie werden sterben. Und es wird ihnen gehen wie der ältesten Zeitung der Welt, die »Post och Inrikes Tidningar«, die seit 1645 auf Papier gedruckt wurde. Sie erscheint nur noch online. Zeitenwende.

Dass das Medium »Web« mit seinen Umwälzungen auch für altehrwürdige Publikationen eine Chance sein kann, zeigt die New York Times. Dinge wie »Faces Of The Dead« oder eine technische Spielerei mit Begriffen aus Bushs »State Of The Union«-Rede weisen auf die technischen Möglichkeiten hin, die Medien im Web haben und ihre Rolle als Vermittler von »Informationen über die Welt« auch im Web inne haben lassen kann (via Noisy Decent Graphics). Das setzt drei Dinge voraus:

  • Fantasie.
  • Fachwissen über das Medium »Web«.
  • Den Willen, das Web nicht nur als Werkzeug für Einsparungen zu begreifen.

Randbemerkung: Wir benötigen dringenst vernünftige Recherchetools. Es ist völlig unmöglich, mit vertretbarem zeitlichen Aufwand in einem Werkzeug wie Technorati Kommentare und O-Töne zu einer Sache zu bekommen, die einen Namen wie »Time« hat. Nichts gegen die Tagebücher auf MySpace, aber wenn man nach »Time« recherchiert und erst einmal durch stapelweise »time to brush my teeth« waten muss, dann wird das nichts mit der »Publishing-Revolution«. Wir brauchen also Werkzeuge, die nach Tagebüchern und nach an die Öffentlichkeit gerichteten Publikationen einzelner oder mehrerer Individuen (»Weblogs« ;-)) unterscheiden und die Inhalte zugänglich machen.