Was bei der Durchsicht der Tweets und Artikel auffällt: Das sozialdemokratische »vereinnahmende Wir« (wird aus politischen Kreisen immer aufgetischt, wenn sie unser Geld oder ein neues Überwachungs-/Urheberrechtsgesetz wollen), das schon auf der re:publica 10 genervt hat, war allgegenwärtig. »Wir müssen Digitalisierung…«, »Wir müssen diese Debatten führen…«, »Wir müssen verzichten…«. »Wir« müssen gar nix!
Aber um zu wissen, wie es da jenseits der öffentlichkeitswirksamen Sachen mit Politikerinnen und Politikern wirklich so war, sind Blogbeiträge von Leuten, die da waren, immer noch das Beste. Nur: Das macht heute keiner mehr! Leute schreiben lieber sinnlos lange Twitter-Threads, die in fünf Minuten in »das große Loch des Vergessens« von Milliarden und Abermilliarden von Tweets gespült und nie mehr gelesen werden…
Auch interessant: Viele schreiben das Hashtag #rp19 in die Überschrift ihrer Blogartikel, obwohl ihr Blog gar keine Funktionalität dafür bietet…
So alt wie die re:publica selbst: Der obligatorische »die gehen da hin und sind eine Filterblase aber retten nicht die Welt und die Demokratie«-Vorwurf in der überkommenen Presse. Diesmal kommt dieser von der SZ. War schon 2007 Humbug und ist es auch 2019…
Weitere gefundene gebloggte Rückblicke, ganz schön wenig bis jetzt die Liste füllt sich doch langsam:
kscheib – »Was die re:publica nicht war«. »Aber wenn ich mir anschaue, wie sich die re:publica in Sachen Relevanz und Akzeptanz weiterentwickelt hat, dann gönne ich mir manchmal den Optimismus, zu glauben, dass wir in den vergangenen Jahren doch ein bisschen vorangekommen sind mit diesem Onlinedings.«
Es war wieder einmal soweit: Nach 2007, 2008, 2009, 2010, 2011 und 2013 ging es bereits zum 7. Mal gen Berlin zur re:publica. Sie stand unter dem Motto »finding europe«. Es hat sich mir allerdings nicht erschlossen was das Motto eigentlich bedeuten soll und inwiefern sich das irgendwo niedergeschlagen hat. Ich habe sowieso bei solchen Veranstaltungen stets den Verdacht, dass das Motto nur ein »Brocken« ist welcher der Journaille hingeworfen wird. Auf dass sie sich daran abarbeiten möge…
Die re:publica 2013 ist nun auch schon wieder Geschichte. Alle fahren nach Hause, die Medien suchen nach der Message und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bloggen und twittern sich einen ab über das in den letzten Tagen erlebte. Ich auch, und es geht um Cyborgs, Roboter, Arbeit, Podcasts, die »jungen Leute« und die große »Message« über allem die es eh nie gibt…
Wie schon einmal erwähnt, die re:publica 12 am neuen Ort hatte ich ausgelassen. Um so gespannter ging es an den neuen Veranstaltungsort, die STATION Berlin. Und man wurde nicht enttäuscht, großzügige und liebevoll dekorierte Räumlichkeiten warteten auf die jährliche Versammlung der »Internet-Elite«.
Das Banner oben im Kopfbereich dieses kleinen Blogs am Rande der Stadt zeigt es an:
Es ist wieder Zeit für re:publica. Das kleine kuschelige Treffen der Blogger ist ein ganz schönes Monstrum von einer Konferenz geworden.
Nachdem ich 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011 dabei war, ließ ich die Ausgabe 2012 »aus Gründen« aus. Deshalb bin ich wirklich gespannt auf den 2012 eingeführten neuen Veranstaltungsort.
Die überfüllte Kalkscheune und der finstere Friedrichstadtpalast waren zuletzt nicht mehr das Wahre und letztes Jahr hörte man vom neuen Ort nur Gutes.
Es wird ein kaum zu überblickendes Programm an Sessions und Tausende Besuchende geben. Und neben der obligatorischen Flut an Tweets und Gebloggtem aus den Kreisen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer natürlich die Berichte der Journaille, die (die Prognose wage ich mal) auch bei der 7. Ausgabe im Jahre 2013 nicht die ihren Berichten innewohnende Grundhaltung in der Art von Anthropologen, die einen Menschenfresserstamm in Papua-Neuguinea besuchen, wird ablegen können. Und einen täglich produzierten Reader als E-Book wird es auch geben. Sachen gibt’s!
tl;dr: Voll war es, noch voller als 2010, da aber schon angekündigt wurde, dass es zur nächsten Ausgabe neue größere Räumlichkeiten geben wird, wird in dieser Hinsicht wohl alles gut. Die Vorträge waren wechselhaft, einige informative und einige wirklich schlechte waren dabei. Und sehr schön war natürlich der »Klassentreffen-Aspekt«, also genau das, was bei den Relevanzfanatikern aller Art immer als »selbstbezogen« wahrgenommen wird.
Und da ist es auch schon wieder soweit: re:publica XI steht vor der Tür. Wie bei allen bisherigen Ausgaben werde ich auch dieses mal wieder mit von der Partie sein. Erwartungen habe ich keine großartigen, einfach mal schauen wie es da so sein wird. Und ebenfalls schauen, ob sich der Trend fortsetzt, dass all’ die schönen Veranstaltungen, wo einst nur »wir kühle BloggerInnen und Nerds« rum liefen und unseren Spaß hatten, nach und nach von den »Social Media«(sic!)-Borgs, Beratern, PR-Fraggles, Marken-Kommunikations-Replikanten u.ä. übernommen werden. Denn es hat noch keiner gemerkt: Niemand will mit seinem Getränk, Sommerreifen oder Hämorrhoidensalbe in einen »Social-Media-Dialog« treten und vernetzen, wir (wer immer das auch genau ist) wollen eigentlich nur einen (mittlerweile nicht mehr gar so) neuen Kommunikationsraum bevölkern und entwickeln.
Das Programm liest sich wie immer vielversprechend, wenn ich das richtig verstanden habe gibt es für Euch daheim gebliebene zumindest einen Livestream aus dem Friedrichstadtpalast.
Da ist sie auch schon wieder Geschichte, die re:publica 2010. Und weil die re:publica immer größer wird und »everyone a publisher« ist, gibt es im Anschluss eine wahrhaft exorbitante Flut von Rückblicken, Analysen und Schmähschriften aller Art zu lesen, zu hören und zu schauen. Durch dieses ergiebige digitale Konvolut habe ich mich, bedingt durch das nach drei Tagen fast schon logische postkonferenzielle Aufmerksamkeitsdefizit, noch nicht mal ansatzweise durchgewühlt.
Auch am dritten Tag gab es überraschenderweise noch Vorträge zu sehen und zu hören. Deren Besuch war leider nicht nur von individuellen Interessen, sondern auch durch schnöde Verfügbarkeit von Raum gesteuert. So landete man mitunter in Sessions, in die man eigentlich gar nicht wollte, aber trotzdem rein ging, weil dort die Verfügbarkeit von Plätzen lockte.
»Jean Luc und die Singularität vorm falschen Fenster« eröffnete meinen Session-Reigen an Tag 3. In der Gegenwart leben heisst, die Zukunft vergangener Zeiten zu erleben, und diese Session wollte, thematisch anknüpfend an den »Think Tank« Atoms and Bits unter Rückblick auf Zukunftsvisionen vergangener Zeiten sollten Visionen für unser Leben in der technischen und gesellschaftlichen Zukunft ausgearbeitet werden. Neue Formen der Arbeit wie Coworking und die durch das Internet gegebene Unabhängigkeit der Arbeit vom großen Raum »Firma« wurden darunter verstanden. Die Diskussion drehte sich um diese, in meinen Augen für den klangvollen Titel voller lockender Utopien eher gegenwärtigen allzu konkreten Themen, ich hätte mir mehr »Vision« (fliegende Autos, nahrungssynthetisierende Realweltdrucker und anderen utopischen Kram) gewünscht. Nichtsdestotrotz gab das Stündchen durchaus Denkanstöße und eine Literaturlist zum Thema »Zukunftsvisionen«.
Danach ging es in den großen Saal, zum Vortrag von Miriam Meckel. Die allenthalben darüber zu lesende getwitterte Begeisterung kann ich leider überhaupt nicht teilen, viel mehr begannen mich ihre in einem furiosen Wortschwall viel zu ausufernden Ausführungen über die im Grunde recht banale Tatsache, dass menschliches Verhalten dann am besten ist, wenn es nicht vorhersehbar ist, recht schnell zu langweilen.
Um »Maptivism«, also Aktivismus mit Hilfe von Karten und Geodaten, ging es beim Vortrag von Christian Kreutz. Dabei wurden verschiedene Projekte vorgestellt, die mit Hilfe im Netz verfügbarer Karten und Daten ein Hilfsmittel bei der Verfolgung sozialer Anliegen aller Art zur Verfügung stellen. Ein schönes Beispiel dafür ist »Frankfurt gestalten«, ein »hyperlokales« Portal hinunter auf Straßenebene, wo mit auf die Karte gemappten Daten lokale Entscheidungen und Geschehnisse transparent gemacht und zu »bürgerlicher Partizipation« eingeladen werden soll. »Hyperlocal« ist eh das nächste große Ding, sagen alle. ;) Sachen aus diesem Bereich werden wir in den nächsten Jahren einige sehen, und daraus wird ein Druck entstehen an die »öffentlichen Hände«, die Daten dafür rauszurücken, Stichwort »OpenData«.
Zum Abschluß musste man sich bei der Diskussion »Kann denn Freiheit grenzenlos sein?« über die, wie der Name schon andeutet, Grenzen der Freiheit im Internet, erst einmal tüchtig aufregen. Die Veranstaltung wurde von einer Horde SPDler heimgesucht, deren Partei, ich sage nur »Otto-Katalog« und begeisterte Mittäterschaft am »Zensursula-Komplex«, in den letzten Jahren nicht unbedingt für eine Politk stand, die im Zweifel primär für die Freiheit einsteht. Argumentativ wollte die geballte sozialdemokratische Wir-Weisheit uns erzählen, »wir« (schon wieder!) hätten uns als Gesellschaft darauf geeinigt, dass es Inhalte gäbe, die »wir nicht sehen wollen«, und dass diese deshalb aus dem Internet weg müssten, oder zumindest vor unseren deutschen Wir-Augen verborgen werden müssten. Auch der staunende Moderator konnte sich an diese Übereinkunft des sozialdemokratischen Über-Wir mit der Gesellschaft über unerwünschte Inhalte nicht so recht erinnern. plomlompom übernahm die Rolle des Verteidigers der totalen Freiheit im Netz und mahnte Ausbau von Kompetenz im Umgang mit dem Medium Internet als erfolgsversprechendere Alternative zu einer typisch sozialdemokratischen Verbotsorgie an. Herrlich, wie die Befürworter von Zensur und Kontrolle in polemische und stammtischeske Tiraden abglitten und plomlompom trotzdem ruhig auf seinen Standpunkt beharrte. Eine lehrreiche Veranstaltung, nicht wg. der Erkenntnistiefe bezüglich des Themas (auch Beta), sondern eher wg. der diskursiven Natur des »Wir«.
Und was bleibt als Fazit? Wir stecken mittendrin in der Revolution, Erkenntnisse über deren Natur und Richtung müssen deshalb naturgemäß immer vorläufig sein. Diesen Status der andauernden Entwicklung inmitten einer großen sozialen, ökonomischen und politischen Vorläufigkeit kann man wohl am besten als »Alles Beta, Baby« beschreiben. »Nowhere« ist so gesehen wohl nur die Beta-Phase von »Everywhere«.
Die fachliche Dimension mit der Jagd nach der Erkenntnis ist aber natürlich nur ein Aspekt, der andere ist das »social« sein mit allerlei Netzbekanntschaften im Rahmen einer solchen Konferenz. Und so hat es dem Autor dieser Zeilen auch bei der vierten Ausgabe eine Menge Spaß gemacht, die drei Tage vergingen im Fluge. Deshalb sage ich Danke und Danke, ein Riesen-Kompliment an alle »Macher«. Die Woche im April 2011 für rp11 ist schon vorgemerkt. ;)
Die re-publica hat in ihrer vierten Auflage langsam das Problem, das auch die letzten Ausgaben des CCC-Congress zur Hölle gemacht hatte: Es wird zu voll. Aus 700 Besuchern 2007 sind mittlerweile 2.500 geworden, gerade die kleinen Räume platzen aus allen Nähten und es geht dort zu Beginn der Veranstaltungen zu wie bei der Eröffnung von Elektronik-Discountern in Berlin. Da ich irgendwann bei einem der letzten Congresse für mich festgelegt habe, dass kein Vortrag es wert ist, wie ein Pendler in der U-Bahn von Tokyo zu stehen, musste ich auf einige mich thematisch interessierende Vorträge verzichten.
Am Morgen ging es in die Rotlichtatmosphäre des »Quatsch Comedy Club«, wo Geert Lovink über »Radical Critique Of Free Culture« reden sollte. Leider war der Vortrag nur eine kommentierte Übersicht über die Projekte seines »Institute Of Network Cultures und eine Literaturübersicht zu Netzkultur-Pessimisten von Frank Schirrmacher über Nicholas Carr bis hin zum notorischen Jaron Lanier. Etwas enttäuschend, da konnte auch San Precario, der Schutzpatron der Digitalen Bohème, nichts mehr raus reißen.
Bre Pettis stellte den »MakerBot« vor, einen schon vom Congress bekannten 3D-Drucker. Das Dingen ist eine Art programmierbarer Heißklebestift, der in der Lage ist, dreidimensionale Objekte aus Plastik zu erstellen. Durchaus beeindruckend, was damit alles hergestellt wird, wie z.B. der MP3-Player in den Zeitläuften angemessener Handgranetenform auf dem Bild. Nach dem Vortrag konnte ich das Dingen mal aus der Nähe bei der Arbeit betrachten. Da fehlt nicht mehr viel, und bald können wir dreidimensionale Objekte genaus einfach »ausdrucken« wie ein Dokument auf ein Blatt Papier.
Mittags sprach Daniel Schmitt über Wikileaks, die seit dem Irak-Video neulich fast jedermann bekannte Plattform für das Befreien von irgendwen aus irgendwelchen Interessen vor der Öffentlichkeit verborgenen Dokumenten, dem sogenannten »Whistleblowen«. Der Vortrag ähnelte ein wenig einem Verkaufsvortrag mit Slogans wie »your premier supplier for fresh documents«. Wikileaks wurde als »Partner« der etablierten Medien angepriesen, dort könne man Dokumente sicher ablegen, die sonst vielleicht zu einer Redaktionsdurchsuchung führen könnten. Das Interview mit Daniel Schmitt aus der Berliner Morgenpost erzählt im Grunde das, was auch im Vortrag gesagt wurde.
Zum Abschluss gab es noch eine Diskussionsveranstaltung der Fußballblogger. Die Profivereine tun sich noch ein wenig schwer, die Blogs als »richtige« Medien anzuerkennen, der Umgang mit den Emporkömmlingen aus dem Web ist, je nach Verein, sehr unterschiedlich und reicht von totaler Ignoranz bis hin zu vorsichtiger Partnerschaft.
Und zwischendurch trifft man neue und alte Netzbekannte und schimpft über das langsame WLAN, also wie immer auf Veranstaltungen dieser Art.
Der Vortrag von Jeff Jarvis war einer der bisherigen (dieser Artikel wurde am Ende des zweiten Tags geschrieben) Höhepunkte.
Jarvis referierte das schon in einem Blog-Eintrag ausgearbeitete »German Paradoxon« aus. Sein amerikanisches Erstaunen über das splitternackte Erscheinen gemischter Sauna-Besatzungen auf der einen, aber fürchterliche Aufregung über Dinge wie Google Streeview auf der anderen Seite, verleitete ihn zu der Behauptung: Deutsche interessieren sich für »Privacy«, aber diese gilt nicht für die »Private Parts«.
Nach einigen Ausführungen über die unterschiedlichen Ausprägungen von »Privatsphäre« in unterschiedlichen Gesellschaften forderte Jarvis, dass wir das Internet als öffentlichen Raum garantieren müssen. Ein Verbot für Google Streetmap, wie es deutsche Dorfbürgermeister und andere lokale Potentaten fordern, wäre nur ein Anfang, am Ende dieser Verbotskette stände ein eingeschränkter öffentlicher Raum, in dem auch Du und ich keine Bilder mehr machen dürften, um diese z.B. im Blog unter die Leute zu bringen.
Deshalb bedarf es einer »Grundrechtecharte für den Cyberspace«, deren eigentümliche Wortwahl (wer sagt in diesem Jahrtausend schon noch »Cyberspace«) natürlich deren Verwurzelung in der legendären »Cyberspace Declaration Of Independance« von John Perry Barlow aus dem Jahre 1996 geschuldet ist. Jeff Jarvis´ Deklaration fordert (abgetippt von seinen Vortragsfolien):
Wir haben das Recht auf Vernetzung.
Wir haben das Recht zu Reden.
Wir haben das Recht uns zu versammeln.
Wir haben das Recht zu handeln.
Wir haben das Recht auf Kontrolle über unsere Daten.
Wir haben das Recht auf unsere eigene Identität.
Was öffentlich ist, ist ein öffentliches Gut.
Alle Bits sind gleich geschaffen. (Damit meint er »Netzneutralität«, RG.)
Das Internet sollte offen sein.
Donnernder Applaus für den sympathischen Professor aus den USA.
re:publica mal wieder! 2010 sieht die vierte Ausgabe, und wie bei den bisherigen drei bin ich auch dieses Mal dabei. Wie Peter Glaser zur Eröffnung anmerkte: »Was ist das Netz anderes als ein Ofenloch, in dem das Feuer glüht?« Genau. Und manchmal muss man auch hin, um mit den anderen um eben jenes Feuer zu tanzen.
Interessant fand ich Glasers Gedanken, dass unser Leben im Internet nach dem »Klubprinzip« organisiert ist. Die Klubs heißen Facebook, iTunes oder Twitter. In Afrika soll es Gegenden geben, da spielen Musiker in Käfigen mit den Instrumenten, die sie dort vorfinden. Scheint so, dass wir in der Mehrheit genau so agieren.
Nichtsdestotrotz ist das Netz für Glaser »der beste Ort, an dem man heute sein kann.« Damit das so bleibt, müssen die Zugänge für die Nicht-Nerds, den »Rest«, also 90% aller Menschen, einfacher werden. Menschen interessieren sich nicht für Technik, sondern für andere Menschen.
Ein Beispiel dafür aus dem »prallen Leben« ist das Projekt 22 Pop, in dem eine mechanische Schreibmaschine für nicht-Computer-Menschen zu einer E-Mail-Versende-Maschine umgebaut wurde.
Nun also drei Tage re:publica vor der Brust. Auch wenn ich das Echo der Art »Öhhh-bääh, da sind ja nur die Netz-Masturbateure mit den iPhones versammelt« wohl vernehme, mir gefällt es bis jetzt wieder und ich bin gespannt auf die »restlichen« Tage.
Auch in diesem Jahr sind wir wieder bei der re:publica in Berlin dabei. Bekanntlich ist diese noch ein mal gewachsen und präsentiert sich dieses Jahr im großen Rund des Friedrichstadtpalast, wo sonst Revue-Girls die Beinchen schwingen.
Gleich zum Auftakt gab es »schwäre Kost, Vitali«, als Blogforscher John Kelly das weite Rund in ein Stahlgewitter aus Powerpoint-Folien schubste.
Das Programm findet man hier, es gibt einen Livestream, es wird von hier getwittert, und wenn es im Stahlgewitter Überlebende gibt, bloggt sogar mal wieder einer richtig von hier, so wie früher, als sich Erschöpfung noch nicht nach 140 Zeichen breit machte. Und während die Blog-und-Zwonull-A-Promis die ersten Autogramme geben, stürzen wir uns wieder in das Getümmel…
Was haben wir denn so bei re:publica gemacht? Die SZ klärt auf (vgl. Bild oben): Wir haben die Museumslaptops aus dem Keller geholt und Windows98 installiert…
Das Bild ist nur das I-Tüpfelchen auf einen der schlechtesten Artikel, die ich seit langen außerhalb von Byld gelesen habe. Herr Knüwer hat dazu bereits alles gesagt. Die letzten Zuckungen einer einstigen Qualitätszeitung, die ihre Zukunft hinter sich hat, weil sie Busen-Fotostecken über 25 Klickseiten für das Rezept zum Überleben in der digitalen Zukunft hält, aber deren Akteure trotzdem stets lautstark das große Wort von den »journalistischen Standards« im Munde führen. Symptomatisch. Auch für die Berichterstattung über die re:publica in den alten Medien. Die Schreiber betrachten die Teilnehmer aus der Perspektive des Zoobesuchers. Deshalb reagieren sie auch wie der Zoobesucher auf Knuts Angeleinlagen, wenn wir in unsere Notebooks schauen. Kulturelles Nichtverstehen (-wollen) ist keine Basis für eine angemessene Berichterstattung. Aber das war nun schon wieder viel zu viel Platz für die Protagonisten der sterbenden »vierten Macht«…
Natürlich schreit das Ende einer Konferenz immer nach »Fazit«.
Also, ist ja Gebot, auch das definitive Fazit von mir: Wir waren Zeuge des endgültigen historischen Aufbruchs in eine neue intellektuelle und publizistische Zukunft, wir sehen das Ende des Meinungsmonopols am Horizont, wir sehen die Massen, behangen mit den Waffen des freien Publizierens, bloggend, twitternd, fotografierend und mogulierend in die Burgen der alten Medien marschieren. Sie schreien nicht mehr nach Brot, sie fordern Aufmerksamkeit. Sie zertrümmern die Kabelnetze und Satellitenschüsseln und ehren die Netzwerkkabel. Ja, in der Tat, es ist Zeitenwende. Wie Peter Weibel sagen würde: Die Leute haben die Nase voll von den alten Medien, deshalb machen sie sich selbst welche…
Okay, Spaß beiseite. re:publica hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht. Aus Gesprächen, Diskussionen und ja, auch aus einigen Vorträgen, nahm man interessante Anregungen und Gedanken mit. Banal? Sicher. Einige suchen auf so einer Konferenz immer nach dem großen fahnentauglichen griffigen Zukunftsentwurf in Manifest-Form (s.o. ;)), den es so natürlich nicht geben kann und geben wird. Und auch das beliebte Genöhle »Ey, issja nur ne Nabelschau, ey« ist zwar wahr, aber nicht logisch, da Fachkonferenzen immer Nabelschauen sind.
Was bleibt? Danke an Markus, Johnny und allen anderen hilfreichen Händen für die gelungene Konferenz, ein besonderer Gruß an die anderen Stadtbloggerinnnen und Stadtblogger, und die Vorfreude auf re:publica 09.
Vor lauter sozialer Interaktion ;) habe ich viele Vorträge gar nicht gesehen, das werde ich dank der hervorragenden Videos von Hobnox noch nachholen und über die Themen das eine oder andere Wort verlieren. Im Gegensatz zu Herrn ix halte ich das Bloggen über Vorträge auf solchen Konferenzen für sinnvoll. Ich schaue zum einen gerne in meinem eigenen Archiv nach, was bei vergangenen Veranstaltungen erzählt wurde, und zum anderen ist das geschriebene Wort nun einmal weniger flüchtig als ein Video bei irgendeinem Anbieter, ganz zu schweigen vom Ge-Twitter. Auch wenn wir mittlerweile auf Häppchen konditioniert sind – manche Dinge sind doch ein wenig komplexer als 140 Zeichen. Darum: In Zukunft mehr Bloggen, bitte!
[Alles, mit Ausnahme der als solche gekennzeichneten Zitate, indirekte Wiedergaben der Dinge nach meinem höchst eigenen Verständnis!]
Im von Don Dahlmann moderierten re:publica-Panel »Weil wir es können! Die Produktionsmittel in der Hand von Bürgern« wiederholt Jörg Kantel alias »Der Schockwellenreiter« seine bekannte These: Echten Bürgerjournalismus könne es nur geben, wenn der Bürger auch im Besitz der Produktionsmittel sei. Denn die Werkzeuge seien alle frei verfügbar. Es gibt, da kann man dem Schockwellenreiter zustimmen, in der Tat keinen Grund, Bürgerjournalismus unter dem Dach eines Medienkonzerns zu praktizieren. Eine rein quantitative Kritik, die sich auf den Fakt stützt, dass tatsächlich nur 0,2% der Bevölkerung auch tatsächlich Bloggen wolle, geht für Kantel ins Leere: Es geht um die Möglichkeit, es tun zu können, aber es müsse eben nicht jeder. Man dürfe diese Möglichkeit der Kommunikation (Zitat) »nicht den Murdochs und Holtzbrincks dieser Welt überlassen«. Auch wenn sich die mit ihren neuen Möglichkeiten ausgestatteten Bürger manchmal die selbe Frage stellen wie einst die antiautoritären Kinder der 68er: »Müssen wir jetzt spielen, was wir wollen?«
Ebenfalls auf dem Panel ist Daniel Fiene. Er preist weniger den emanzipatorischen Akt der Freiheit des Publizierens, sondern die eher unterhaltsamen Amateuraktivitäten wie das »Mogulieren« von Bloggern, die gemeinsam eine Sendung im Unterschichtenfernsehen schauen und dabei von Internetzuschauern betrachtet werden…
Oliver Wrede dagegen möchte die Möglichkeiten sich entwickeln lassen. Eigentum an Produktionsmitteln hält er nicht für so wichtig, für ihn kann es auch Aktivität in den umzäunten Gärten der Medienmultis oder Startups sein. Alles sei im Fluss und entwickle sich. So habe Twitter vor einem Jahr noch für (Zitat) »user generated spam« gehalten, mittlerweile jedoch eine interessante Entwicklung dieses kleinen Dienstes gesehen. Solche Dienste müssten nach ihrer »Hype-Phase« eine »Kritische Masse« erreichen. Jeder habe viele Möglichkeiten, der für die »alten« Medien charakteristische aufwändige Produktionsprozess sei nicht mehr da, die neuen Möglichkeiten »ubiquitär«.
Jörg Kantel fordert eine andere Medienkompetenz. Für gedruckte Medien und TV gäbe es schon eine. Diese sei aber von einer »Umbiegung echter Bedürfnisse« geprägt. Jeder wisse im Grunde, was von »Bild« zu halten sei, gelesen würde es aber trotzdem. »Unsere« Aufgabe sei es, mit den neuen Produktionsmitteln des Webs eine Alternative zu schaffen. Wobei nicht sicher sei, dass diese sich dann auch »historisch durchsetze«. Schließlich sei die Frage nach den Medien auch eine Frage nach den realen Machtverhältnissen.
Don Dahlmann meint: Die Produktionsmittel seien da, Menschen verstünden aber den Umgang damit nicht.
Daniel Fiene hat »echte Menschen«, »Offliner« ;), in seinem sozialen Umfeld durch seine Online-Aktivitäten missioniert. Das Problem ist aber, dass die frisch Missionierten nicht genau wüssten, was sie jetzt mit dieser Technik machen sollen.
Oliver Wrede kann diese Beobachtung bestätigen. Die inhaltliche Frage sei das Problem, Aktivitäten oft Selbstzweck (Zitat): »Viele sind von den Werkzeugen beseelt.«
Jörg Kantel fordert (Zitat): »Medienkompentenz muss sich an den Inhalten entwickeln, nicht an der Technik«. Die Entwickler der Werkzeuge seien aber schuldig. Sie spielen mit der Technik, statt Techniken zu entwickeln, die den weniger Bewanderten helfe, Inhalte zur Verfügung zu stellen. Und erläutert seine Idee einer Vernetzung über dezentrale Community-Server per Ping vor, die eine Nutzung von kommerziellen umzäunten Gärten überflüssig machen würde.
Oliver Wrede ist skeptisch: Solange ein Klima der »Anti-Intellektualität« herrsche, sei die Technik nicht das Problem. Für Jörg Kantel hängt das mit den realen Verhältnissen zusammen. Wir bräuchten einen gesellschaftlichen Wandel weg von der Industriegesellschaft hin zur Informationsgesellschaft (Zitat): »Wir sind Begleitmusik zu einer laufenden gesellschaftlichen Veränderung.«
Abschließend forderte Kantel dazu auf, Fortschritte auch im Kleinen, von den »Relevanzfanatikern« oft belächelten Online-Strukturen zu sehen. Man solle nicht immer nur auf die (Zitat) »Großen Sachen im Kontext des Journalismus« schauen, sondern auch auf die Kleinode bei beepworld oder jimdo.
Fazit: In dem vergangenen Jahr seit der letzten re:publica sind wir mit diesem Thema nicht wirklich weiter gekommen, im Gegenteil, mir scheint der Trend eher dahin zu gehen, dass die Menschen sich lieber in die bequemen Sessel der kommerziellen Dienste und geschlossenen Netzwerke setzen. Da ist noch einiges zu tun.
Ja, die re:publica. Der erste Tag ist schon wieder rum, das große »Familientreffen« der Blogger- und so genannten »Web-2.0-Szene«. Es gibt eine wahrnehmbare kulturelle Differenz zwischen denen, die hier sind, weil sie fasziniert sind vom Medium Web und seinen stetig fortschreitenden kommunikativen Möglichkeiten, und jenen, die, zumeist ökonomisch motiviert hier sein »müssen«. Diese Differenz ist im Laufe der Jahre bei Veranstaltungen dieser Art stärker geworden.
Enttäuschend war das Panel zum Thema »Die Zukunft der Social Networks« am ersten Tag. Humoristischer Höhepunkt war die Passage, in der Michael Brehm von …..VZ dem Publikum glauben machen wollte, die Benutzer-Datenbank von …..VZ wäre gar nichts wert…
Geerdeter ging es zu beim »Treffen der Stadtblogs«. Stadt-, Regional- und Lokalblogger aus dem ganzen Lande trafen sich zu einem kleinen Meinungsaustausch. Es war interessant, das Spektrum der Projekte und Blogger ein wenig kennen zu lernen, vom kleinen idealistisch motovierten Hobbyprojekt bis zum »A-Listen-Stadtblog« war alles dabei. Und, Stadtblogger sind wohl noch die wahren Idealisten, auf vorsichtige Ansprachen in Richtung Werbung und Monetarisierung sprang kaum einer an. Erfrischend!
Fantastisch war das Musical »Web-Side-Story« von Johnny und Tanja Häusler (Bild: monodromde, CC-lizenziert, Danke :)). Genau die richtige unterhaltsame und leichte Kost zum Ausklang des langen Konferenztages.
Sobald er verfügbar ist, solltet Ihr Euch den Chaosradio-Express-Podcast CRE083 »Die Kritische Masse« anhören. Tim Pritlove unterhielt sich mit Peter Glaser zum »Schlüsselthema« der re:publica. Dieser Podcast wurde live mit Publikum aufgezeichnet, was mich gefreut hat, da Chaosradio Express sowieso zu meinen Lieblings-Podcasts gehört. Unbedingt anhören!
Es gibt noch zwei Tage re:publica. Wer es noch nicht mitbekommen und nichts zu tun hat: Es gibt Audio-Livestreams und sogar Video-Übertragungen. Nur das »Da-sein« und mit den Bekannten aus der Webwelt plaudern, das kann die technische Übermittlung durch Zeit und Raum natürlich nicht ersetzen. ;)
Die re:publica hat begonnen. Viktor Mayer-Schönberger hielt die Keynote der re-publica. Er widmete seinen Vortrag der Telekom für die Reservierung einer Grundfarbe als Markenzeichen. ;)
Die Keynote unter dem Titel »Nützliches Vergessen. Informationsökologie im digitalen Zeitalter« drehte sich um die Probleme die entstehen können, wenn man Sachen ins Web stellt, wie »betrunkene Fotos« oder alte Geschichten. Illustriert an zwei Beispielen einer Lehrerin, die von ihrem MySpace-Foto aus dem Lehramt gekickt wurde und eines Herrn, der wg. Schilderungen von Drogenerlebnissen nicht in die US of A einreisen durfte. Das Problem: Google vergisst nichts, zeichnet alle Suchen auf, Google weiß mehr über Dich als Du selbst. ;)
Der Mensch besitzt ein »biologisch determiniertes Vergessen«. Die große Epen der Menschheit entstanden aus Weitererzählen und Vergessen: »Vergessen : Erinnern«. Vergessen war die Norm, Erinnern die Ausnahme. Biologisches Vergessen entsorgt den Erinnerungsmüll. Google und Co dagegen erinnern sich an alles: Aus dem biologischen Vergessen wurde technisches Erinnern.
Daten sammeln alleine reicht bekanntlich nicht. Diese Erfahrung musste die Stasi machen. Die Kunst ist das Wiederfinden, was die Technik von heute relativ problemlos ermöglicht.
Der Mensch muss lernen, damit umzugehen: Bsp. ist eine Dame die alte in ihrer Wortwahl fiese E-Mails von einem Herrn löscht, weil der sich geändert hat und sie nicht mehr an dessen übles Wesen vergangener Zeiten erinnert werden möchte. Mayer-Schönberger: »Wenn wir nicht vergessen können, können wir nicht mehr rational entscheiden.«
Was also dagegen tun? Traditionelle Ansätze waren:
1. Technische Regulierung: Die Verwendung von Technologie und ihr »Vergessen« wird vorab eingeschätzt und kontrolliert. Die Nutzung wird verboten und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Das war der Regulierungsansatz vergangener Zeiten, der gescheitert ist, weil es nicht mehr nur eine überblickbare zentrale Anzahl von informationsarbeitenden Stellen gibt.
2. Betroffenenrechte: Kontrolle der Einhaltung von Betroffenenrechte, Ergebnis: »Ein Volk von Kontrolleuren.« Das Problem: Sind politisch teilweise nicht durchsetzbar, und wenn sie in Datenschutzrechten formuliert werden sind sie vielfach nicht durchsetzbar. In 15 Jahren Bundesdatenschutzgesetz ist bisher kein enziger Fall von Schadensersatz wg. Verstöße dagegen bekannt.
3. Informationsökologie: Die Datensammlungen begrenzen: Zweckbindung, Löschungsnormen. Problem: Durchsetzbarkeit, Mayer-Schönberger: »Wenn der Staat keinen Datenschutz mehr will, wird Datenschutz nicht mehr durchgesetzt und die Menschen verwundbar«. Ein Beispiel dafür: Ein Niederländisches Bevölkerungsregister für den Sozialstaat wurden von Nazis als Datenquelle für Holocaust verwendet. Und das Problem seit 9/11: »Löschen ist out«
Die traditionellen Ansätze helfen also nicht. Die Lösung für uns Betroffene: Alternative Ansätze.
1. Digitale Enthaltsamkeit: Wer nichts ins Internet stellt, braucht nichts fürchten. Aber ist das erstrebenswert? (2 von 3 Jugendlichen in den USa stellen Informationen online.)
2. Volle Kontextualisierung: Die Speicherung fast aller Informationen. Weil nicht alle Infos im Kontext zugänglich sind, entstehen Probleme. Also alles einfach alles speichern, dann ist der Kontext da und Vergangenes kann eingeordnet werden. Die Konsequenz ist eine gläserne Gesellschaft. (Wie Jeremy BenthamsPanoptikum)
3. Kognitive Revolution: Menschen müssen lernen, mit der Omnipräsenz von Informationen umzugehen. Gute Idee, aber ist das realistisch und machbar? Mayer-Schönberger meint: Unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.
4. Regulierung durch Technik (Lawrence Lessig): Eigentumsrechte an persönlichen Informationen für die Betroffenen. Eine Verwendung nur im vereinbarten Rahmen möglichen. Erfordert ein »Privacy DRM«. Das aber, so Mayer-Schönberger, würde in einer »Perfekten Überwachung zum Schutz der infomrationellen Privatsphäre«.
Mayer-Schönberger: »Ich plädiere für die Wiedereinführung des Vergessens.« Dazu schlägt er ein »Verfallsdatum für Informationen« vor. Die Nutzer legen fest, wie lange digitale Informationen gespeichert werden soll, und die Speicherdauer kann jeder selbst festlegen.
Praxisbeispiele dazu:
Suchanfrage: Darf nur in einem definierten Zeitraum von Google verwendet werden. In gewissen Fällen sinnvoll. Wenn man vier Monate in Google forscht, macht es Sinn, suche man aber nur den leckeren Wodka vom letzten Wochenende, macht dauerhaftes Speichern aber einen Sinn. (ask.com hat so etwas in der Art, sagt Mayer-Schönberger.)
Digitalfoto: Das Recht am eigenen Bild. Ein RFID-Chip am Mann mit zwei Einstellungen: Verfallsdatum oder dauerhaft speichern, wird an Kamera des aufnehmenden übergeben.
Das Regulierunsgspektrum für eine Lösung sieht so aus:
1. Die Möglichkeit der Wahl.
2. Stete Konfrontation mit der informationellen Endlichkeit. Information ist nicht zeitlos gültig, sondern hat einen zeitlichen Kontext.
Mayer-Schönberger Schlusswort: «Vergessen gerät zunehmend in Vergessenheit: Erinnern wir uns des Vergessens.«
Eine gute Keynote zum auftakt der re-publica, mit einem klaren roten Faden und einer richtigen Botschaft. So kann es weitergehen.
Morgen ist es endlich soweit: Die re:publica 08 geht los, und sogar die dpa hat es bemerkt. Wie bereits angekündigt, ich bin dabei, wenn in der Hauptstadt der Digitalen Bohème wieder nach Kräften alles rund um Blogs und »Web 2.0« problematisiert wird.
Mein Lieblingsvortrag wird natürlich der zum Thema »Von Placeblogging und Stadtwikis« am Donnerstag um 10:30 Uhr werden, dessen Besuch ich nur empfehlen kann.
Die Kulmination des Problematisierwillens wird dagegen garantiert der Vortrag »Geld verdienen mit Blogs – reloaded« gleich danach werden. Gebannt werden jene Horden von JungbloggerInnen, deren Mangel an originärer eigener Stimme durch eine exorbitante Gier nach Werbeeinnahmen ausgeglichen wird, an den Lippen der Referenten hängen, um den Tipp zum lukrativen Probloggen ohne Pro aufzuschnappen…
Zum »Taggen« von Inhalten aller Art soll man die Tags »re-publica08«, »republica08« und »rp08« benutzen.
Auch die in diesen Zeiten omnipräsenten »Social Networks« werden thematisiert.
Apropos: Am Beispiel der re:publica kann man wunderbar erkennen, wie der Hang zu umzäunten »Social Networks« zu einer Fragmentierung der Information führt. Wer ermitteln möchte, wer denn alles so da sein wird, kann in der Teilnehmerliste im Wiki nachschauen. Oder im re:publica-Mixxt-Netzwerk. Oder in Facebook. Oder in Xing. Oder in venteria. Und das war garantiert noch nicht alles. Das, verehrte Zielgruppe, ist Fortschritt. ;)
Für die zweite Auflage der re:publica ist eine erste Version des Programms verfügbar. Für die Fanatiker ist die Rubrik »zänken & kränken« sicher die erste Wahl. Geld in Blogs und Journalismus ist das, woran sich dann beizeiten Apologeten, fanatische Werbefreiheitsprotagonisten und die schon-immer-alles-gewusst-habenden-Überchecker abarbeiten können…
IMHO wird sich ein Besuch lohnen. Man sollte sich auch nicht ablenken lassen in seiner persönlichen Beurteilung der Veranstaltung von jenen, die sachlich nicht gerechtfertigte Kritik an der Veranstaltung als Vehikel zur persönlichen Abrechnung mit tatsächlich oder vermeintlich daran Beteiligten nutzen.
Diese digitalen Zeiten sind schnelllebig. Da geniesst man mal einen problematisierfreien Tag in der Berliner Sonne, und schon erscheint das eigene Fazit der re:publica vom ewig weiter beschleunigenden Lauf der Dinge völlig irrelevant und überholt. Aber ein Moment der Reflektion nach den Tagen der hektischen fast-Live-Artikel muss sein!
Persönliches Fazit: re:publica war perfekt organisiert, noch einmal ein »Danke schön« an Markus und Johnny. Netz war da, Verhungern und Austrocknen muss an einer Lokalität im Herzen Berlins sowieso niemand, daher war das mancherorts beklagte Thema »Befriedigung physiologischer Grundbedürfnisse« am Orte der Veranstaltung für mich bedeutungslos. Und da ich sowieso nicht in Erwartung des Gewinns sensationeller Erkenntnis nach Berlin gefahren war, konnte ich mich an einer unterhaltsamen Veranstaltung mit netten Menschen erfreuen.
Sehr erfreulich: Mit einer Ausnahme verkniffen sich die Anwesenden penetrante Reklame für ihre »großartigen web-2.0-igen« Klitschen, das war sehr angenehm.
Wenn es nächstes Jahr eine Neuauflage gibt, bin ich wieder dabei!
Thema »Übel des Konsens«: Tenor der Betrachtungen, die man allenthalben lesen kann, ist das Bedauern des »Konsens« auf den Podien und des Mangels an »Nicht-Konsens« durch das Publikum. »Konflikt« ist zunächst einmal kein Wert für sich, sondern kann nur über eine Sache festgemacht und ausgetragen werden. Das Ausfechten persönlicher Animositäten unter der Flagge von scheinbaren sachlichen Differenzen, das man bei den üblichen Verdächtigen in Blogs täglich lesen kann, halte ich nicht für eine wünschenswerte Erscheinung.
Für die nächste Auflage müssen die Themen schärfer gefasst, ihren Einführungscharakter verlieren, zugespitzt und Diskutanten ohne persönliche ökonomische Interessen am Thema gefunden werden. Ein Vertreter eines »AAL-Portals« auf dem Podium wird niemals scharf debattieren, da die Angst, dass jede schärfere Äußerung auf seinen/ihren Arbeitgeber zurückfallen würde, streitbare Äußerungen verhindert. Auf das Publikum kann man nicht zählen, die Frontstellung Podium vs. Publikum ist nicht das, was Habermas als »herrschaftsfreien Diskurs« definieren würde. Wünscht man das, muss man die Podien auflösen und die Panels als Unkonferenz im Barcamp-Stil organisieren.
Hier liegen noch Notizen von zwei Veranstaltungen auf der re:publica im Editor herum, die ich ob der lockenden Alternativen Sonne und Bier noch nicht verbloggt habe. Eigentlich schon »alt«. Andererseits soll hier im Blog mal wieder der alte Gedanke der Ego-Dokumentation im Web das ausufernde Gelaber ersetzen. Darum kann man nach der Klickpause Notizen lesen zu zwei Panels:
Bewegte Bilder. Wie das Netz die Film-Branche verändert.
Jörg Kantel gibt zum Auftakt seine bekannte Position zum Besten: Bürgerjournalismus ist nur dann Bürgerjournalismus, wenn der schreibende Bürger auch im Besitz der Produktionsmittel ist.
Katharina Borchert findet die Diskussionen in dieser Hinsicht aber zu theoretisch. Jens Matheuszik, der Pottblogger, auch. Er bloggt einfach nur. Jens schrieb über regionale Themen, wurde deshalb von Falk auf das Podium eingeladen. Und Themen, die in »traditionellen« Medien eher selten aufgegriffen werden. Jörg prangert an, dass die Tageszeitungen die regionale Berichtserstattung aus Profitgründen aufgegeben hat. Es gebe nur noch massenkompatible Themen. Lyssa verteidigt die WAZ-Gruppe, diese sei natürlich nicht von böser Profitgier getrieben, sondern von wirtschaftlicher Notwendigkeit…
Jörg stellt fest: Wir brauchen Plattformen wie die Readers-Edition oder ähnliche geplante Plattformen nicht. Vernetzung muss »von unten« kommen, und bringt das Beispiel Neukölln. Würde man alle Weblogs aus Neukölln »von unten« vernetzen, hätte man mehr gewonnen als mit allen (Gedächtniszitat) »Kopfgeburten aus den Verlagen«.
Lyssa erzählt ein wenig über ihr WAZ-Projekt. Dort sind sie (Gedächtniszitat) »auf ganz viel Scheitern eingerichtet«. Das nenne ich mal eine optimistische Herangehensweise.
Eine Frage aus dem Publikum an Hugo E. Martin: Werbung auf die RE pappen und viele CC-Lizenzen, an denen sich die RE fleißig bedient, sind nicht kompatibel. Er windet sich mit allgemeinen Ausführungen zur finanziellen Situation der Readers Edition heraus, ohne auf die Frage einzugehen.
Hugo Martin will in der RE Themen und Autoren mit Organisationen vernetzen, zum Thema »Nachhaltigkeit« und »Klimawandel«… Lyssa meint, es gehe in erster Linie um Meinungen, das Volk möchte sich äußern. Falk fragt im Publikum nach, wer darauf Lust hat. Die Anzahl der Meldungen ist eher niedrig…
Jörg sagt, bezogen auf Werkzeuge zum Bürgerjournalismus: Man soll nicht darauf warten, dass irgendwer etwas macht. Es macht niemand was. Darum muss man selbst machen. Ist das nicht immer so im Leben?
Fazit der etwas konfusen Runde: Der Begriff des »Bürgerjournalismus« wird vergehen, sein Inhalt sollte aber »Alltag« werden. Jens ist der Ansicht, dass der Bürger endlich wieder Meinungen äußern soll und sich vom passiven Medienkonsum befreien soll. Ein schönes Schlußwort!
Zwei von drei Tagen re:publica sind herum, Zeit für ein kleines Zwischenfazit.
Als erstes ein ganz großes Kompliment an Markus und Johnny: Die Veranstaltung ist geradezu beängstigend perfekt organisiert, selbst allergrößte Nörglernaturen werden Schwierigkeiten haben, irgendetwas an der Organisation zu bemängeln.
Wenn man so zwischen den Session mit den Kolleginnen und Kollegen plaudert, ist der allgemeine Tenor, dass es »zu kuschelig« zu geht. Exemplarisch war vielleicht der Vortrag über Werbung in Blogs, wo trotz des kontroversen Themas keine richtig wilde Debatte aufkam. Was vielleicht auch daran liegt, dass dieses Thema schon seit 2002 völlig ausgelutscht ist. Entweder man klopft Werbung in sein Blog, oder man macht es eben nicht. Darüber gibt es im Grunde nichts zu diskutieren, weil es zwecklos ist. Keiner der Protagonisten der Litfasssäulenfraktion wird nach einer solchen Diskussion in sich gehen und denken »Boah, ich bin übel, weg mit dem Werbezeug«. Und vice versa.
Über das einzige »No-No-Thema«., bezahlte Inhalte im Blog, herrschte auch weitestgehend Einigkeit. So sind die meisten Panels abgelaufen. Aber bei solchen Konferenzen finden die »wahren« Sachen eh zwischen den Panels statt.
Gestern abend gab es Unterhaltungsprogramm. Toni Mahoni (Bild: tschneider@flickr, CC) war ganz und gar großartig, er hat ab sofort einen neuen Video-Podcast-Gucker gewonnen. Wie er da an seinem Tisch zwischen seiner Band sitzt und dann mit seiner seltsamen Stimme, die ständig zwischen Edith Piaf und Till Lindemann oszilliert, kleine Geschichten erzählt und Songs mit lakonischen Titeln wie »Beziehung«, »Kaffee« oder »Zigarette« intoniert – große Klasse! Ein Küchentischpoet mit Herz unter der rauen Schale…
Die beiden anderen Bands, Jammin Inc und die Ohrbooten, waren nicht so mein Fall, da ich nun einmal an einer exorbitanten Allergie gegen alles, was auch nur entfernt mit Sprechgesang zu tun hat, leide.
Und nun also der dritte Tag mit großen Problematisiergebirgen wie »Medienrevolution« und »Bürgerjournalismus« vor dem Bug…
[Update] Interessante Berichte von der re_publica schreiben:
Zum Auftakt geht es um die Rolle der Parteien im »Web 2.0«. Nico Lumma fragt: »Wie kann man mit Web 2.0-Tools Politik so organisieren, dass Mitarbeit wieder Spass macht?« Das Podium ist sich einig: Die klassische Organisation der Parteien passt nicht mehr in die mobile Gesellschaft »von heute«.
Die Parteien schauen sich aufmerksam die Wahlkampfaktivitäten in den USA an (Blogs, Social-Networks, etc.). Nico meint, dass das in Deutschland nicht funktionieren wird. Wegen der Tendenz zu fachpolitischem Expertentums der potenziellen Berufspolitiker zwecks Förderung der Karriere. Darum werden quereinsteigende Themen und Personen abgeblockt. Und das auf diesem Weg in die Ämter gekommene Personal ist nicht netzaffin. Ansonsten wollen die Parteien keinen Kontrollverlust durch Netzpartizipation. Und Überhaupt, amerikanische Parteien sind ganz anders organisiert als deutsche. Sie sind mehr Zweckbündnisse, und vor allem sind die Netzaktivitäten von der Kasse motiviert…
Und Nico meint: Wir Deutsche haben eine andere, schlechtere Diskussionskultur. Einwurf aus dem Publikum: Alles zu parteizentriert. Wo sind die Möglichkeiten, die brachliegenden nicht-Parteileute zu interessieren und an der Willensbildung zu beteiligen? Markus bringt das Beispiel Online-Petition. hohe Mitwirkung, aber keiner weiß was es bringen wird. Markus fordert daher: Parteien müssen einfach lernen, mit Offenheit umzugehen. Das ist aber ein evolutionärer Prozess, keine »Revolution«.
Nico stellt fest: Politiker und Netzaffinität schließen sich derzeit aus. Die aktuellen Bestrebungen zum gläsernen Bürger würden dies deutlich beweisen…
Ein Einwurf aus dem Publikum: Man solle einfach warten, bis eine netzaffine Generation die politische Macht inne hat. Markus möchte nicht aber nicht bis 2020 warten, denn jetzt werden unsere Daten gespeichert, werden Filesharer kriminalisiert, usw.
Ein junger Grünen-Politiker, Jan-Philipp Albrecht greift sich das Mikro: »Ich habe schon seit einem Jahr einen Blog!« Darauf Nico: »*Das* Blog, gib’ mal das Mikro weiter…« ;-)
Nico kommt noch einmal auf die mangelnde politische Diskussionskultur in der deutschen Blogosphäre zurück. Es käme zu keinen politischen Debatten in den Blogs, die einzigen Kommentare seien: »Ja, Danke.« Es käme zu keinen ergebnisoffenen Diskussionen. Der politisch interessierte Teil der Blogosphäre möge auch sein soziales Umfeld für die »bebloggten« Themen sensibilisieren.
Ein skurriler Einwurf kommt von Marcel, dem Parteibuchblogger. Erstaunlicherweise hält er sein Blog für ein politisches Blog, danach gibt er ein obskures Sammelsurium verschwörerischer Andeutungen über den wahren Lauf der Dinge in Deutschland zum besten. Falk bedankt sich für den Beitrag und wertet ihn süffisant als »Meinungsbeitrag«…
Fazit: Politik und Netz haben eine schwierige Beziehung. Über eine Bestandsaufnahme kam das Panel nicht hinaus. Die Frage bleibt: Wie kann sich der »amtliche« politische Diskurs zur Netzöffentlichkeit hin öffnen. Das setzt aber voraus, dass es erst einmal eine politikaffine Netzöffentlichkeit gibt. Netzaffine Politiker und politikaffines Netz bedingen sich im gewissen Grade gegenseitig…
Zunächst geht es um Adical. Der »content-generatende« User bleibt immer ganz weit hinten, alle verdienen, nur der User nicht, meint Johnny. Darum sollen selbige auch Geld verdienen. Darum adical. Blogs als Medium sollen die Chance haben, sich zu refinanzieren, damit auch erwachsene Menschen sich bloggen leisten können. Denn Qualität kostet Geld. Darum das umstrittene Mittel: Werbung. Don Dahlmann fragt Supatyp nach Anlogien zur Kommerzialisierung der Punk-Szene. Der antwortet: “Die Solidarisierung der Szene mit Bahnhofspenner hat der Punk-Szene mehr geschadet als ein Album der Toten Hosen.” Supatyp ist übrigens »Old School«: Blogs brauchen Kommentare, sonst sind es keine. Don vermutet eine gewisse devote Haltung von Bloggern gegenüber Anzeigenkunden.
Supatyp verlangt nach begrifflicher Klarstellung. Supatyp: »Sie können im Weblog länger cool sein als draußen im richtigen Leben.« Lobo: »Eine etwas zu vierzehnjährige Einstellung über das, was cool ist.«
Johnny ist das zu öde, er will lieber Grundsatzfragen klären: »Schadet Werbung Blogs, ja oder nein?« Und da darauf niemand anspringt, fragt er statt dessen rhetorisch: »Wie kann man als Blogger Geld verdienen?« Und plaudert aus dem Nähkästchen der Versuche von Spreeblick, Geld zu verdienen. Google Adsense ist ein gutes System – für Google. Geld brachte es Spreeblick nur zu Group-Tekkan-Zeiten.
Johnny würde niemandem empfehlen, sein werbefinanziertes Weblog als Haupteinnahmequelle zu betrachten. Adical ist nun der nächste Versuch.
Johnny vergleicht Blogs mit Bands. Blogs sind für ihn »Künstler«. Es gibt keine Formel, wie man mit Blogs Geld verdient. Sagt Johnny. Und fügt noch hinzu, dass Werbung auffallen muss. Sonst ist es keine. Also kein »Gepienze« wg. Bannergrößen, wenn Ihr Euch verkauft, meine Damen und Herren verkaufswilligen Blogger!
Eine Frage aus dem Publikum zum Thema »bezahlte Artikel«. Johnny lehnt das kategorisch ab, für Spreeblick. Sascha Lobo hingegen erzählt, dass Riesenmaschine das macht, und redet sich das als »spannendes Experiment« schön. In Adical wird es das aber nicht geben. Sascha Lobo hält Werbung für eine »Kulturform«. »Kultur« ist halt ein dehnbarer Begriff…
Don Dahlmann mahnt: Man darf sich nicht kaufen lassen. Wenn man z.B. ein neues Handy vom Hersteller bekommt, und drüber schreibt, soll man sich auf gar keinen Fall rein reden lassen, was man drüber schreibt.
Fazit: Einige im Publikum, dass lassen auch die SMS an der Wand vermuten, hatten wohl Patent-Rezepte für den Blogger zum Geldverdienen erwartet. Naivität und Gier sind janusköpfige Geschwister. Das konnte natürlich nicht geliefert werden.
Johnny erläutert seine eigene Blogetikette. Und geht auf die Blogetiketten-Idee von Tim O’Reilly ein. Stefan Niggemeier findet: “Gut, dass wir drüber reden.”
Prof. Kuhlen, auserkoren für die Rolle des akademischen Expertens von »draußen«, meint: »Ethik entwickelt sich in den Räumen, in denen wir uns bewegen. Das war schon immer so.« Denn: »Die Ethik der Schwein ist der Stall.« Die Schweine hätten eine andere Ethik, wären sie auf der Wiese. Nette Analogie. Wir bewegen uns in elektronischen Räumen, daher entwickelt sie sich genau dort. Die Philosophen kommen sowieos immer erst anschließend und erläutern diese Entwicklung.
Don Dahlmann empfindet den Versuch, ein ethisches Regelwerk zu schaffen, als Einschränkung seiner Kreativität. Davon hält er nix von O’Reillys Ansatz. 10 – 15% Idioten hat man immer und wird man immer haben, darum sollte man diese nicht zum Anlass nehmen, ein Regelwerk aufzustellen. Er löscht übrigens auch Kommentare, nach »Gutsherrenart«, wenn notwendig. Kuhlen meint, Blogeinträge sind »pragmatische« Texte, da sie auf eine Reaktion aus sind. Das Problem ist nur: Man weiß nur nicht, was der eigene Text für Konsequenzen hat und wie er aufgenommen wird.
Im Grunde aber, so sind sich die Protagonisten auf dem Podium einig, gelten die »normalen«, für uns gewohnten Regeln des menschlichen Zusammenlebens, auch im Netz. Darum sind sich alles einig: Wir (also, die Blogger an sich) brauchen keine unterschriebene Ethik-Konvention. Aber man sollte nicht vergessen, das zum »lebendigen« Bloggen auch eine gewisse Prise Provokation gehört.
Johnny wirft die Frage auf, ob und wie man sich gegen Beleidigungen, Lügen oder falsche Anschuldigungen in der Blogosphäre wehrt. Don hat aus seiner »Opel-Story« gelernt, dass man sich ein dickes Fell zulegen sollte. Zu guter Letzt sind sich alle einig: Wir brauchen keine geschriebenen Blogger-Regeln mit Unterschrift und Logo auf dem Blog.
Was aber nicht geht, macht Don nach einem Einwurf aus dem Publikum klar: Einfach das Medienrecht der »alten Medien« auf das neue Medium Blog zu kopieren geht nicht!
Pünktlich um 11:00 eröffneten Markus und Johnny die re:publica in Berlin. Die re:publica , so die beiden, soll das Phänomen »Weblog« von innen betrachten. Dazu passt, dass 80% der angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer »im Netz publizierende Amateure« sind.
Der Ort des Geschehens, die Kalkscheune in Berlin, ist sehr gut gewählt, es ist Platz genug und der Ansturm verteilt sich gut. Mangel gibt es eigentlich nur an Strom.
Die ersten Vorträge gab es auch schon. Volker Grassmucks kleine Geschichte der Wissensallmende wurde leider vom Referenten selbst »getötet«, da er seinen Vortrag etwas uninspiriert vom Blatt ablas. Das war schon einst in sozialwissenschaftlichen Seminaren ein bewährtes Mittel, um das Publikum einzuschläfern…
Alle Blogger sind Nerds. Stimmt nicht, da die Untersuchungen, die solche Ergebnisse zeitigen, an ihren eigenen methodischen Unzulänglichkeiten scheitern.
Blogs sind Gegenöffentlichkeit. Stimmt auch nicht, da die meisten Blogs ein im fachlichen und sozialen Umfeld zu suchendes sehr überschaubares Publikum haben und nicht die Gesellschaft umwälzen wollen.
Blogs sind irrelevant. Verkünden die etablierten Berufskommunikatoren wie Agenturen und Medien. Aus eigenem Interesse, und weil sie ein Blog z.B. mit der Tagesschau vergleichen, was nicht passt. Und manche Blogger selbst behaupten das, um sich von den Horden der Katzencontent- und Strickblogger abzugrenzen.
Am Ende kam dann noch die bekannte Geschichte von der A-Liste und dem »Long Tail«.
Was ist sonst noch so los? Die »üblichen Verdächtigen« laufen herum, die Mac-Dichte ist hoch und es gibt sogar Club-Mate.
Wenn es interessiert: Was gerade so los ist twittere ich flugs, und was an Bildern anfällt, kommt in das passende Flickr-Set.
Und nun schauen wir mal, was sonst noch so los ist und sagen ein paar Bloghelden »Tach«… ;-)
Auf dem Weg nach Berlin zu re:publica. Schon im Speisewagen beginnt der »Irrsinn 2.0«. Zufällig sitzt Herr OliverG im selben Zug und fotografiert das »Making Of« dieses meines Meisterwerks der zeitgenössischen Speisefotografie. Nichts ist mehr unbeobachtet in diesen Zeiten.
Bekanntlich sind all’ diese Geeks, die so tagaus tagein im Internet herum machen, sozial isolierte Psychopathen, die aus lauter Frust ihre Zeit als vollbusiger Avatar in SecondLife verbringen. ;-) Aber einige von denen trauen sich manchmal sogar ans Tageslicht. Aber nur, wenn es WiFi gibt. Darum häufen sich in den nächsten frühlingsgeprägten Wochen die interessanten Geek-Events.
Nach dem letzten Web-Montag in Karlsruhe, der interessante Themen und Gespräche bot und die Hoffnung erwärmte, dass der Web-Montag in Karlsruhe wiederbelebt und zu einer regelmäßigen Veranstaltung werden kann, steht am 2. April der nächste Web-Montag in Frankfurt, mein ehemaliger »Stamm-Web-Montag«, auf dem Programm. Die »üblichen Verdächtigen« stehen schon auf der Teilnehmerliste. Wenn nichts dazwischen kommt, werden wir uns wohl auch auf den Weg gen Frankfurt machen.
Und dann ist da natürlich die re:publica. Nachdem zunächst die merkwürdige Geschichte mit dem Brieföffner für Kopfschütteln sorgte, steht nun erfreulicherweise zunehmend die Sache selbst im Mittelpunkt. Mittlerweile gewinnt auch das Programm an Kontur. Darin fehlt mir derzeit noch der »letzte Kick«, aber das kann ja noch werden, wenn nicht im offiziellen Teil, dann im infoffiziellen. Anmelden kann man sich inzwischen übrigens auch.
Freunde des verschärften Weblog-, Welt- und Web-2.0-Problematisierens müssen sich am 11. April nach Berlin aufmachen, denn dort findet mit der Re:Publica unter dem Motto »Leben im Netz« eine Blog-Konferenz mit den »üblichen Verdächtigen« statt. Ich werde dort sein (The Girl übrigens auch, sie bloggt ja nix ;-)).
Ein erstes Programm gibt es auch schon. Die ganze Veranstaltung soll im Verhältnis zwei Drittel / ein Drittel eine Mischung aus »normaler« Konferenz und einem Barcamp werden. Mal schauen, wie das funktionieren wird.
Die Debatte um die (moderaten) Eintrittspreise ist im Grunde nur ein Aufguss der ähnlichen Debatten bei ähnlichen Veranstaltungen, wie z.B. dem jährlichen Congress des CCC. Das Problematisieren in der »Blogosphäre« um die Veranstaltung wird in den kommenden Wochen noch schlimmer werden. Sogar der Termin an drei Arbeitstagen wird in den Kommentaren beim Spreeblick bereits hinterfragt. Das ist wohl der Preis der Weblog-Popularisierung in den letzten Jahren. Aber definitely. ;-)