John Perry Barlow, Viehzüchter, Greatful-Dead-Songwriter und Netzaktivist, ist gestern im Alter von 70 Jahren verstorben. Seine »Declaration of the Independence of Cyberspace« war, wie Heise im Nachruf schreibt, »einer der wichtigsten Aufrufe der frühen Internetbegeisterung«. In der Tat hat dieser Text auch mich damals in meiner »begeisterten« Internet-Anfangszeit maßgeblich geprägt…
Auch dieses Jahr verbringen wir die, wie der Hund Marie sagen würde, »Tage ohne Haut« zwischen Weihnachten und Neujahr auf dem Congress, dem 23C3. Das Motto der diesjährigen Auflage fragt, wem man eigentlich noch vertrauen kann: »Who can you trust?« Denn, wie Tim Pritlove zur Eröffnung bemerkte, wir, »die Guten«, müssen uns einer unangenehmen Sache stellen (mitgeschriebenes Zitat): »The ugly thing we’re all afraid of: Reality.«
Und Netz-Legende John Perry Barlow brachte in seiner Keynote gleich einmal die ob des Motto scheinbar klaren Fronten (nämlich: Hier, wir, die Guten. Dort, die, die bösen Überwacher, traue ihnen nicht!) ins Wanken, als er, nach einer Anekdote aus alten Zeiten in »The Well« über Vertrauen und Identitäten von Online-Zeitgenossen sich unvermittelt an das Publikum wandte und trocken bemerkte: »I don’t trust you.« Denn die übelsten Bedrohungen des sozialen Zusammenlebens im Netz, Viren und Spam, würden letztendlich von Leuten realisiert, die mit »unseren« Fähigkeiten ausgestattet sein müssen. Wieso funktioniert die soziale Kontrolle zwischen »uns« nicht, wieso sind einige von uns bei den »Bösen«, und warum tun »wir« anderen nichts dagegen? Man hätte in dem Moment, als Barlow nach seiner Frage eine sehr effektive Pause einlegte, eine Stecknadel im voll besetzten Saal 1 fallen hören können. Das saß!
Für mich war es eine tolle Sache, John Perry Barlow einmal live zu erleben, zierte doch seine »Declaration of the Independence of Cyberspace« einst, im Jahre 1996, meine allererste Website an prominenter Stelle.