Praktische Lebenshilfe.
Das moderne serviceorientierte Bloggen nöhlt nicht nur rum, sondern bietet praktische Lebenshilfe: »How to Completely Delete Facebook From Your Life«
Wald- und Wiesen-Weblog 5.1. Qualitäts-Bloggen seit 2002.
Das moderne serviceorientierte Bloggen nöhlt nicht nur rum, sondern bietet praktische Lebenshilfe: »How to Completely Delete Facebook From Your Life«
Meine Abneigung gegenüber Facebook ist den drei Stammleserinnen und -lesern sicherlich hinreichend bekannt. Aber den neuesten Facebook-Spaß - ungefragte Teilnahme an psychologischen Experimenten in der eigenen Timeline – hätte selbst ich nicht für möglich gehalten.
Wie schreibt Marco so schön:
»This is what you are to Facebook: Data points. Test subjects. Users. Eyeballs. Demographics.«
Nico denkt schon an über Experimente hinausgehende Anwendungsszenarien, und Konstantin ist sauer und greift zur einzig angemessenen Reaktion.
Der Rest zuckt die Achseln und ist weiter dabei. Menschen bei der Facebook-Nutzung zuzuschauen hat als Massenphänomen für mich längst den Status der »Beobachtung des Obskuren« erreicht den ich sonst nur gegenüber Menschen mit der Bild-Zeitung unter dem Arm (oder Schland-Schminke im Gesicht, anderes Thema) empfinde.
Verehrte Zielgruppe, die Kinder stapeln sich am Grund des Brunnens (weil sie alle herein gefallen sind, natürlich), darum fangen sie da draußen nun an panisch ihre Facebook-Accounts zu löschen.
Ich habe es da einfacher: Ich habe mich nie angemeldet. Die Zeit als Facebook erstmals populär wurde, so um 2004/05 herum, war die große unschuldige Phase des »Web 2.0«, in der sich Kreti und Pleti bei jedem neuen Webservice anmeldeten. Die waren ja alle so »spannend«. So landete ich natürlich auch einmal in der Anmeldemaske dieses weiteren Web-Zwo-Dingens aus den US of A.
Die Einwohnermeldeamtmentalität, mit der sie dort alle Daten wissen wollten, damit in der schönen neuen Welt des eingezäunten Reservat-Internets auch alles fein kontrolliert und familienfreundlich amerikanisch »sauber« bleibt, widerte mich augenblicklich an. Und so schloss ich mit den Worten »Sucht Euch andere Dumme die mit heruntergelassenen Hosen in das familienfreundlich beschützte Reservat wollen« den Browsertab. Und sie fanden genug, mehr als genug…
Aber jetzt ist 2014: NSA, Facebook, Thilo W., Whatsapp, Amis böse, und alles! Und nun wollen sie panisch wieder raus und meinen tatsächlich dass »Account löschen« noch irgendetwas retten würde. Wie fefe sagen würde: »Bwahahahaha«!
facebook web2.0 socialsoftware …
Regelmäßig werden Säue durch die digitalen Dörfer getrieben, die das nächste große Ding werden. Kennt man mittlerweile zur Genüge. Aktuell an der Reihe: Facebook. Alle melden sich an, auf eine soziale Plattform mehr oder weniger kommt es schließlich nicht an in der stolzen Sammlung von Accounts des typischen Web-Geeks. ;-)
Und Facebook scheint gar so ein großes Ding zu sein, dass sogar gestandene deutsche A-Lister beim Bloggen vor lauter Dollars virtuellen Schaum vor dem Mund stehen haben. Höchste Zeit also, mal zu schauen, was wir denn dieses Mal für ein prächtiges Nutztier auf der digitalen Allee vor uns sehen…
Eigentlich war Facebook nur das, was StudiVZ und Konsorten eingedeutscht und nachgebaut haben: Eine Partnerbörse…, Verzeihung, ein »Social Network« für Studierende, wo man sich in mittlerweile altbewährter Weise nach gewissen Vorlieben und Interessen Online organisieren kann. Facebook galt als die »saubere« und etwas langweilige Alternative zum brodelnden MySpace. Oder, wie Danah Boyd schrieb, MySpace und Facebook bildeten Online die sozioökonomische Spaltung der amerikanischen Gesellschaft ab.
Jedenfalls, 2004 von Mark Zuckerberg gegründet, wurde Facebook ein grandioser Erfolg und hat heute über 25 Millionen Mitglieder, die sich an altersgerechten sozialen Online-Vergnügungen erfreuen.
So weit, so gut. Nichts, was man bräuchte, wenn man kein juveniler Studierender an einer US-amerikanischen Bildungsinstitution ist.
Eines Tages aber beenden die Facebook-Mitglieder ihr Studium und wollen die sozialen Bindungen der Plattform erhalten. Folgerichtig öffnete sich Facebook und zielt nun auch auf ältere Semester, die nicht mehr unbedingt studieren müssen und scharf auf Nelly…, Verzeihung, die gut ausgebildet sind und konsumfreudig im Berufsleben stehen. Und, wenn wir Danah Boyd glauben möchten, zur finanzkräftigeren Hälfte gehören. Kurz, an deren Dollars jeder ran möchte, der sich den Broterwerb im Web auf die Fahnen geschrieben hat. Natürlich auch Facebook.
Am 24. Mai verkündete Mark Zuckerberg mit angemessenem medialen Getöse den Start von Facebook f8, einer Entwicklungsplattform, die es Drittanbietern ermöglicht, Anwendungen in einer proprietären Sprache zu entwickeln, die innerhalb von Facebook ablaufen und die sich jeder Facebook-Nutzer in sein Profil einbauen kann. Facebook möchte nicht weniger als das »social operating system« des Webs sein! Boah! Wenn schon, dann richtig, dachte sich unser jugendlicher CEO….
Warum aber sollte man Widgets für Facebook entwickeln? Damit man auf einen Schlag eine potenzielle Benutzergruppe von 25 Millionen Facebook-Mitgliedern verfügbar hat. Und das funktioniert. Wie man dem Anwendungsverzeichnis entnehmen kann, sind einige der am heutigen Tage über 1.100 Anwendungen bereits millionenfach in Benutzer-Profile integriert.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Man kann seine Dienstleistungen und Waren in den Marktplatz Facebook tragen und braucht sich nicht um das mühsame Einsammeln von Menschen in den Weiten des Netzes zu kümmern. Das übernimmt Facebook. Und erlaubt ausdrücklich das Geld verdienen.
Eine rundum gute Sache also, dieses neue Facebook. Oder nicht?
Kommt drauf an. Eigentlich ist ja bereits das gute alte »World Wide Web« das »social operating system«, in dem wir uns alle bewegen. Die Einführung von umzäunten Inseln des Kommerzes, in dem ein gütiger Herrscher das Sagen hat, ist für das Web insgesamt kontraproduktiv. Wer Geld im Web machen möchte, liebt aber natürlich die Ordnung des »walled garden« im chaotischen Web. Facebook ist damit das »neue AOL«, wie Jason Kottke in einem klugen Beitrag schrieb. Jeder, der dort Geld verdienen möchte, darf sich also über die Facebook-Plattform freuen. Wem mehr das Web als gesamtes, als kultureller Raum, am Herzen liegt, eher weniger…
Und dann gibt es da noch das Problem, das jeder umzäunte Garten hat: Der Eigentümer hat das Sagen innerhalb der Mauern. Was für den von kommerziellen Motiven getriebenen kleinen Facebook-Entwickler ganz und gar nicht ohne Risiko ist, wie im Vecosys-Blog ausgeführt wird. Was passiert mit der investierten Zeit und der Anwendung, wenn Facebook mal eben die Spielregeln ändert? Möchte man das Risiko eingehen, sein Geschäft auf einer Nutzerbasis aufzubauen, die nicht die eigene ist?
Und es sind nicht alle so gleich, wie es scheint. So konnte man verschiedentlich lesen, dass einige Anbieter schon vor dem öffentlichen Start Ende Mai Zugang zum API hatten.
Man darf gespannt sein, was dort passieren wird. Meiner unmaßgeblichen Einschätzung nach werden wir in erster Linie Widgets von Diensten sehen, die sowieso schon selbst mehr oder weniger stark »draußen im wilden Web« vertreten sind und, angesichts des vertretbaren Entwicklungsaufwand, Facebook zusätzlich »mitnehmen« wollen. Das es Geschäfte, die einzig und allein auf das Agieren innerhalb der Facebook-Plattform setzen werden, in nennenswerten Umfang geben wird, erwarte ich hingegen weniger. Und, viel wichtiger, Facebook wird ein Indikator sein, ob es nach der Phase der Öffnung im Web zu offenen Standards einen Trend zurück zu den proprietären »walled gardens« geben wird…
Lesestoff: