24C3: Gutes aus Europa - Die Fluggastdatenüberwachung
Der Talk Data Retention and PNR. »Brussels Workshop«, wie immer unter den wachsamen Augen des berühmten Bundestrojaners, war der Vortrag von Ricardo Cristof Remmert-Fontes und Erik Josefsson. Ersterer berichtete zwischendurch kurz von der Arbeit des AK Vorrat.
Interessanter war, was Erik Josefsson zu berichten hatte. Erik arbeitet für die EFF in der Höhle des technokratischen Löwen, der EU-Bürokratie in Brüssel.
Wir alle kennen mittlerweile das aktuelle »Handlungsschema des Politischen«: In den nur sehr rudimentär demokratisch legitimierten Brüsseler EU-Strukturen wird ein Beschluss gefasst, ohne dass das jemand überhaupt mitbekommt. Dessen Umsetzung in nationales Recht erregt anschließend die Gemüter, und die deutschen Volksvertreter waschen ihre Hände in Unschuld und lamentieren: »Ja, alles problematisch, aber wir müssen die Richtlinie aus Brüssel umsetzen, kann man nix machen…«
Erik hat in Brüssel die inoffizielle Maxime der Politikgestaltung kennen gelernt:
»First we decide, then we vote, and finally we discuss.«
So kam die Vorratsdatenspeicherung zu stande, und auf diese Art und Weise wird gerade mit der Richtline zur Fluggastdatenspeicherung nach amerikanischem Vorbild (Fluggastdaten = »Personal Name Record«, PNR) die nächste Schurkerei auf den Weg gebracht. Wie bei der Vorratsdatenspeicherung. Erst entscheiden, dann in den Kammern der EU-Kommission mit den Regierungen abstimmen und ganz am Ende mit dem EU-Parlament und der Öffentlichkeit drüber reden. So funktioniert Demokratie, oder? ;-)
Einer ersten Information zum Thema dienen die Beiträge von Telepolis, den Heise-News und nochmal den Heise-News.
Es gibt weltweit vier Buchungssystem, die auf guten alten Mainframes arbeiten. Jedes EU-Land richtet nun eine »Passenger Information Unit« (PIU) ein. Diese enthält root-Zugriff auf alle Daten der vier Buchungssysteme. Und die angefallenen Daten werden 13 Jahre aufbewahrt. Warum genau 13 ist nicht zu ermitteln.
Auch die neugierigen amerikanischen »Sicherheitsbehörden« bekommen Zugriff auf diese Daten. Darum, verehrte Zielgruppe, wann immer Du ein Flugzeug benutzt, und sei es nur von Hamburg nach Berlin, landen Deine Daten irgendwann in den Fängen des großen neugierigen amerikanischen Datenmonsters. Lehrreich in diesem Zusammenhang ist der Blogeintrag des »Weltreiseexperten« Edward Hasbrouck.
Abgesehen von den ökonomischen und technischen Problemen (die alten Mainframe-Systeme müssen teuer aufgerüstet werden) haben wir einen weiteren großen Datenspeicher, ein weiteres Stück auf dem Weg zum gläsernen Bürger. Das EU-Parlament bildet sich, so Erik, »gerade eine Meinung zu dem Thema«. Was aber nicht weiter wichtig ist, da sie sowieso nichts vermeiden können. Das Fazit zog Erik mit einem Zitat des berühmten franz. Kardinals Richelieu:
»Give me six lines written by the most honorable of men, and I will find an excuse in them to hang him.«
Die Präsentation findet man als PDF auf der Talk-Seite. Ein weiteres sehr unerfreuliches Thema in der an unerfreulichen Themen nicht armen Zeit. Wir brauchen Aktionen, als erstes solltet Ihr den Menschen zum Thema anfragen, den Ihr ins EU-Parlament gewählt habt.