re:publica 10 - »The Internet is a public place« - Jeff Jarvis und die »Grundrechtecharte für den Cyberspace«

Der Vortrag von Jeff Jarvis war einer der bisherigen (dieser Artikel wurde am Ende des zweiten Tags geschrieben) Höhepunkte.

Jarvis referierte das schon in einem Blog-Eintrag ausgearbeitete »German Paradoxon« aus. Sein amerikanisches Erstaunen über das splitternackte Erscheinen gemischter Sauna-Besatzungen auf der einen, aber fürchterliche Aufregung über Dinge wie Google Streeview auf der anderen Seite, verleitete ihn zu der Behauptung: Deutsche interessieren sich für »Privacy«, aber diese gilt nicht für die »Private Parts«.
Nach einigen Ausführungen über die unterschiedlichen Ausprägungen von »Privatsphäre« in unterschiedlichen Gesellschaften forderte Jarvis, dass wir das Internet als öffentlichen Raum garantieren müssen. Ein Verbot für Google Streetmap, wie es deutsche Dorfbürgermeister und andere lokale Potentaten fordern, wäre nur ein Anfang, am Ende dieser Verbotskette stände ein eingeschränkter öffentlicher Raum, in dem auch Du und ich keine Bilder mehr machen dürften, um diese z.B. im Blog unter die Leute zu bringen.

Deshalb bedarf es einer »Grundrechtecharte für den Cyberspace«, deren eigentümliche Wortwahl (wer sagt in diesem Jahrtausend schon noch »Cyberspace«) natürlich deren Verwurzelung in der legendären »Cyberspace Declaration Of Independance« von John Perry Barlow aus dem Jahre 1996 geschuldet ist. Jeff Jarvis´ Deklaration fordert (abgetippt von seinen Vortragsfolien):

  • Wir haben das Recht auf Vernetzung.
  • Wir haben das Recht zu Reden.
  • Wir haben das Recht uns zu versammeln.
  • Wir haben das Recht zu handeln.
  • Wir haben das Recht auf Kontrolle über unsere Daten.
  • Wir haben das Recht auf unsere eigene Identität.
  • Was öffentlich ist, ist ein öffentliches Gut.
  • Alle Bits sind gleich geschaffen. (Damit meint er »Netzneutralität«, RG.)
  • Das Internet sollte offen sein.

Donnernder Applaus für den sympathischen Professor aus den USA.

Die re:publica-Website hat ein Interview mit Jeff Jarvis und eine kurze Zusammenfassung. Nicht allen hat es gefallen, aber gerade bei dem Text hat die very german Angst aus der Abteilung »Medienkonzerne« die Tastatur geführt.

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