Bloggen mit Blog

Alter Mann aus der Blogosphere der Nuller-Jahre beim Bloggen, Symbolfoto. (Photo: Nick Fewings on Unsplash)

Beim Rummachen im Projekt-Verzeichnis dieses kleinen zähen Weblogs stellte ich überrascht fest, dass im just begonnenen Jahr 2022 mein allererster Blogeintrag (verfasst im nonchalant-polemisch-lockeren Stil der damaligen Weblog-Zeit) seinen 20. Geburtstag feiern wird, so das Internet bis Mai nicht noch zur Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems verboten wird.

Das ist eine durchaus lange Zeit, und wer damals dabei war, ist nun alt (das Bild zeigt einen Blogger der frühen Nuller-Jahre beim Bloggen). Aber die Welt und die Zeiten ändern sich!

(Photo by Nick Fewings on Unsplash, thanx!)

Denn eine der nebensächlichen Erkenntnisse, die die zwei Pandemiejahre mit ihrem (social-)medial polarisierenden Krawalldiskurs brachten, ist die, dass man heute »Bloggerin« sein kann, ohne ein Blog zu haben. Z.B. wird das Corona-Talkshow-Starlet »Doc Caro« allerortens als »Bloggerin« bezeichnet, obwohl sie gar kein Blog hat (»Sie ist eine der bekanntesten Medizin-Bloggerinnen in Deutschland.«). Sie schreibt lediglich ihr Zeugs in Instagram und Facebook. Faszinierend!

Wir alten weißen Blogger mit Blog sitzen natürlich nicht in Talkshows, sondern überlegen uns beim Rumgucken in den Projektdateien »eigentlich könnte man ja mal wieder was bloggen, wenn wir schon ein Blog haben«. Und schon hat man einen neuen Blogeintrag, in dem man resümierend neue Blogeinträge ankündigt. Blogs, die schon länger existieren und einfach so im Internetz herumliegen, sind gespickt mit solch vollmundigen Ankündigungen nahender Aktivitäten. Außer der Schockwellenreiter, der bloggt immer. Hat aber auch kein Blog mehr, sondern ein »digitales Kritzelheft«…

Ganz erledigt sind Blogs lange nach dem Ende der »Blogosphäre« aber noch nicht. Denn es machen sich noch Leute, die lt. Kurzportrait »the cool kid of the content team« sind, so ihre Gedanken und bloggen sie: »Blog Trends 2022 – Darauf sollten Sie bei Ihren Blogs achten!«. Wenn ich aber »Branding mit Clubhouse« lese, kommen mir erste Zweifel, ob in diesen Trends die Erfolgsrezepte für das »Bloggen mit Blog« zu finden sind. »Hier (also Clubhouse) können Sie Weinverkostungen lauschen« heißt es dort. Ich weiß nicht so recht…

Anil Agarwal schreibt in »BloggersPassion« unter dem Titel »The Future of Blogging: Are Blogs Still Relevant in 2022 And Beyond?«: »There are over 600 million blogs in the world today, out of over 1.8 billion websites.« Das sind verdammt viele!

Und eine der dort verkündeten »5 Techniques in Blogging That Are Actually Dead or Quickly Dying« ist: »Publishing Daily!« Grandios, da liege ich voll im Trend! Und: »If you want to build a money-making blog in the long run, stop publishing shorter articles as they are NOT going to add any value to the blogging community.« Okay. Also machen wir den hier lang!

Es gibt aber auch Spielverderberinnen. Im Content-Silo Medium (wo man nicht mal mehr »einfach so« ein Stück Text in die Zwischenablage nehmen kann, top Plattform!) schreibt Charlee Renee unter dem Titel »Here’s Why You Shouldn’t Start a Blog in 2022«:

»I’ve been blogging for over 4 years and I can tell you that starting a self-hosted WordPress blog is probably going to be a massive waste of your time.«

Böse Zungen behaupten, dass Zeitverschwendung bei der Nutzung von WordPress ein Feature ist. Aber rein inhaltlich betrachtet: »Massive waste of time« klingt gut.

Langer Artikel, kurzer Sinn: Vielleicht wird hier im »Jubiläumsjahr« mal wieder ein bisschen gebloggt. Oder es bleibt wie so oft bei der vollmundigen Ankündigung und ich werde liebe »Blogger in Instagram«…

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