Mastodon: Fott domet!

Photo: Florian van Duyn on Unsplash

Die polarisierenden Zeiten der Gegenwart sind gute Zeiten, um digital aufzuräumen! Nach Twitter musste jetzt auch der Mastodon-Account dran glauben.

(Photo by Florian van Duyn on Unsplash, thanx!)

Mastodon ist eine technisch überzeugende dezentrale Social-Network-Alternative zu den bösen Silos Twitter, Facebook und Co. Inhaltlich kann Mastodon aber weniger überzeugen. Es hat sich da eine eigentümliche Kultur herausgebildet, die ich etwas bösartig als »Stammesstrukturen in Randgruppenreservaten« bezeichnen möchte. Daneben gibt es den üblichen Nerdkram in Sachen Linux, Netzpolitik und Co. Das bekommt man auch klassisch im RSS-Reader mit. Und es wird dort nicht mal im nennenswerten Umfang über Fußball geredet, was ja grundsätzlich nicht normal sein kann. ;-)

Dazu kommt: Bei Twitter hat man es nur mit einer »bösen Herrschaft« (Twitter die Firma und ihre Angestellten) zu tun, die sperrt und löscht. Bei einem dezentralen Netzwerk hat jede Instanz (bei der man sich den eigenen Account klickt, sofern man sich nicht selbst einen Mastodon-Server installiert) einen eigenen kleinen König (oder eine Königin). Nämlich der oder die, dem der Server gehört. Und Besitz eines Servers und des technischen Know-Hows zum Installieren von Mastodon garantiert nicht, dass die charakterliche Eignung zum inhaltlichen Administrieren einer Mastodon-Instanz auch vorhanden ist…

Da sich natürlich auch »Böse« einen eigenen Mastodon-Server aufsetzen können und dann mit ihren »falschen« Ansichten in die Reservate der Gleichgesinnten einfallen, ist einer der Fetische aller Instanz-Monarchen die Blockliste. Da kommen die bösen Instanzen rein, mit der man nicht mehr »föderieren« möchte. Das erwartbare Ergebnis: Wie in Twitter die »bösen« Accounts geblockt werden, weil sie die »falsche« Meinung vertreten, passiert das in Mastodon oft gleich mit den ganzen Instanzen, auf denen die »Bösen« wohnen. Der Admin einer der größten deutschsprachigen Instanzen war neulich davon so genervt, dass er seinen Mastodon-Server (einen der größeren deutschsprachigen) deinstalliert hat. Offiziell aus »zeitlichen Gründen«…

Vor ein paar Tagen hat Donald Trump sein eigenes Social Network ins Leben gerufen, was eigentlich nur ein eigener Mastodon-Server ist (muss er ja, weil er sonst überall rausfliegt) und gleich mal gegen die Mastodon-Open-Source-Lizenz verstoßen hat. Und Mastodon hatte tagelang kein anderes Thema mehr als das Blocken von Trumps Instanz. Schön für sie, interessiert mich aber nicht, Trump ist mir egal.

Aber das war dann das auslösende Ereignis. Möchte ich einen Account im Netzwerk der blockenden Monarchen haben, die sich vorwiegend darüber unterhalten wen sie jetzt blocken? Was auch ansonsten eher wenig Neues bietet? Nö. Also wurde gemäß einer modifizierten Version des Artikel 6 des Rheinischen Grundgesetzes gehandelt: »Kenne mer, bruche mer nit, fott domet!«

Immerhin, das Löschen eines Mastodons-Accounts funktioniert hervorragend, an der Software gibt es nix zu mäkeln!

Sollte ich je auf die Idee kommen, es mit Mastodon noch einmal zu versuchen, dann nur mit eigener Instanz. Eines Tages vielleicht. Wenn es noch »eines Tages« geben wird, denn ich glaube dass die Polarisierung in »Gutmenschen« auf der einen und »Nazis« auf der anderen Seite (oder Corona-Maßnahmen-Befürwortern und -Gegnern, etc. pp.), die sich in den Social Networks beharken und blocken, diese mittelfristig zerstören wird. Denn in dieser Atmosphäre des ständigen Polarisierens, der ewigen Anklagen und Shitstorms und des wortreichen Blockens und Sperrens wird dauerhaft niemand seine kostbare Zeit verschwenden wollen. Warum sollte man auch?

mastodon web20

Autor: