»I used to be an early adopter. I have always loved technological advancements in computing, and I was usually one of the first to adopt the latest hardware and software.
But being an early adopter has had a terribly high cost. Not a fiscal cost (although that also often applies), but expensive in terms of time and frustration.«
Völlig richtig. Wenn eine neue iOS-Version rauskommt, erst einmal alle installieren lassen und sich auf Twitter über die teuren Bilderrahmen (sie zeigen nur noch einen weißen Apfel auf schwarzem Grund…) amüsieren. Gilt auch für Linux-Versionen und Upgrades von bei der Programmierarbeit benutzten Frameworks und Libraries…
Was bei der Durchsicht der Tweets und Artikel auffällt: Das sozialdemokratische »vereinnahmende Wir« (wird aus politischen Kreisen immer aufgetischt, wenn sie unser Geld oder ein neues Überwachungs-/Urheberrechtsgesetz wollen), das schon auf der re:publica 10 genervt hat, war allgegenwärtig. »Wir müssen Digitalisierung…«, »Wir müssen diese Debatten führen…«, »Wir müssen verzichten…«. »Wir« müssen gar nix!
Aber um zu wissen, wie es da jenseits der öffentlichkeitswirksamen Sachen mit Politikerinnen und Politikern wirklich so war, sind Blogbeiträge von Leuten, die da waren, immer noch das Beste. Nur: Das macht heute keiner mehr! Leute schreiben lieber sinnlos lange Twitter-Threads, die in fünf Minuten in »das große Loch des Vergessens« von Milliarden und Abermilliarden von Tweets gespült und nie mehr gelesen werden…
Auch interessant: Viele schreiben das Hashtag #rp19 in die Überschrift ihrer Blogartikel, obwohl ihr Blog gar keine Funktionalität dafür bietet…
So alt wie die re:publica selbst: Der obligatorische »die gehen da hin und sind eine Filterblase aber retten nicht die Welt und die Demokratie«-Vorwurf in der überkommenen Presse. Diesmal kommt dieser von der SZ. War schon 2007 Humbug und ist es auch 2019…
Weitere gefundene gebloggte Rückblicke, ganz schön wenig bis jetzt die Liste füllt sich doch langsam:
kscheib – »Was die re:publica nicht war«. »Aber wenn ich mir anschaue, wie sich die re:publica in Sachen Relevanz und Akzeptanz weiterentwickelt hat, dann gönne ich mir manchmal den Optimismus, zu glauben, dass wir in den vergangenen Jahren doch ein bisschen vorangekommen sind mit diesem Onlinedings.«
»After years of endless jokes, 2019 is truly, finally shaping up to be the year of Linux on the desktop. Laptops, too! But most people won’t know it. That’s because the bones of the open-source operating system kernel will soon be baked into Windows 10 and Chrome OS…«
»In other words, everybody is a star (astronomically speaking) because we all contain atoms which were created inside stars. I refuse to believe the Linux community is THAT desperate.«
Im Grunde passiert da genau das, wovor viele Stimmen bereits zu Zeiten des »Web-2.0« gewarnt haben und stets als irgendwie verschrobene Nerds galten, was Sebastian nun auch selbst dämmert. Unter »Was ich daraus lernen muss« schreibt er:
»Ich sehe inzwischen ein, dass ich in den letzten Jahren […] einen großen Fehler gemacht habe: Der Fehler war, vor allem und mehr und mehr schwerpunktmäßig auf eine einzelne Plattform zu setzen, was mein Schreiben, meine Fotografie und meine ganze Internetaktivität angeht, nämlich Twitter.
Ich habe ich mich mit meiner hohen Aktivität auf dieser Plattform extrem von ihr abhängig gemacht. Ich habe mich auf Twitter zehn Jahre um originelle Inhalte bemüht, versucht, interessante Sachen zu machen, an der Formulierung jedes einzelnen Tweets stundenlang gefeilt, statt auf Twitter vor allem das zu verlinken, was sie ich anderswo produziere. Die Quittung für diese Dummheit bekomme ich jetzt. Ich hätte diese Energie dringend in mein eigenes Blog oder eigene Plattformen investieren sollen, statt meine Inhalte auf den Server eines gesichtslosen, amerikanischen Konzerns hochzuladen.«
Völlig richtig, und daraus muss nicht nur Sebastian lernen, sondern wir alle. POSSE ist der Weg in die digitale Freiheit und die Unabhängigkeit. Klar ist »Twitterclient auf und was reinschreiben« einfacher und bequemer als das ganze Setup eines eigenen Web-Gedöns. Aber wer die Bequemlichkeit höher wertet als die Freiheit, lebt nun in der latenten Gefahr, dass die eigene digitale Stimme abrupt verstummt. Ein »falscher« Tweet wie »Ich war im Supermarkt Bier holen, gegen die mit eisenharter Hand die Angestellten scheuchende Supermarktleiterin war Hitler ein Menschenfreund…« könnte schon reichen und es hat sich ausgetwittert…
»URL-Shortener« wie bitly gibt es viele. Aber bislang noch keinen URL-Verlängerer! Das hat sich nun geändert: »make my link longer«.
Besonders hübsch sind die Details wie die eigene Version der »beliebten« endlosen utm_irgendwas-Parameter, die bei jedem Link aus Social Media oder Newslettern nerven…
»Medium is cancer. A trojan horse. It’s Facebook. But for blogging. A walled garden behind which all your favourite content lives, and yet you are forced to login via their shitty UI, or worse still pay for access.«
Ich habe es nie benutzt, das Bloggen in einem fremden Datensilo erschien mir von Anfang an zu »unbloggig«. Allerdings habe ich mich durchaus schon öfter geärgert, wenn ein interessant erscheinender Link in twitter und Co. aufkreuzte und nach den Click oder Tatsch erst einmal ein Fenster von Medium aufpoppt, das einem einen Account andrehen will weil man diesen Monat schon zwei Artikel gelesen hat.
Der Rant endet mit den wahren Worten:
»How’s about we starting taking responsibility for the absolute decimation of the traditional web. You know. That old internet that used to be open and free.«
Vielleicht ist es nur meine »Filterblase«, aber in den letzten Monaten hat die Bewegung raus aus den Trümmern des Web 2.0 zurück zur eigenen Domain (Stichwort »Indieweb«) ein wenig Fahrt aufgenommen.
Diese Frage beantworten immer mehr mit »Ja« und springen als Konsequenz auf den »Indieweb-Zug« auf. Ich jetzt auch, deshalb »kann« dieses kleine familiäre Weblog nun Webmentions!